Die Vorgeschichte der Herrenpartien war schon im Bericht zu dem Törn von 2022 im Abgesang angedeutet. Hier noch ein paar Aspekte, die vor zwei Jahren nicht zur Sprache kamen.
In den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde klar, dass im Lausitzer Braunkohlenrevier die ersten Tagebaue ausgekohlt sein werden. Was mit den Kraterlandschaften anfangen? Wie renaturieren? Da erschien in der NBI, Neue Berliner Illustrierte, ein Artikel des Landschaftsarchitekten Otto Rindt mit der Vision, die Tagebaue zu fluten und in eine Seenlandschaft umzugestalten.
Wenn das Wahrheit würde, hätten wir Dresdener eine Seenkette vor der Tür. Das faszinierte uns. Was wir brauchten, war ein autotransportfähiges Boot. Erfahren im Umgang mit GFK fiel unsere Wahl auf das Jugendboot Cadet, ein Knickspanter, einfach mit häuslichen Mitteln zu fertigen. Pünktlich 1973 zur Eröffnung des Senftenberger Sees waren wir mit den Booten in Großkoschen.
Im Laufe der nächsten zwei Jahre wurde Senftenberg etwas langweilig. Was Neues musste her. So entstand die Idee, andere Reviere zu erobern. Über ein langes Wochenende nach Mecklenburg zum Beispiel. 1976 war es so weit. Die 1. Herrenpartie ging mit vier Hitschen und 8 Mann Besatzung 1976 nach Plau an den Plauer See.
(Den Rest der Anfangsgeschichte findet ihr auch im Abgesang des Törns von 2022. Und wenn 1976 die erste Herrenpartie stattfand, dann ist, nach Adam Riese, 2025 das Jahr der fünfzigsten.)
Von den acht ersten Seglern der Herrenpartie ist nun auch Peter Torz verstorben. Segeln tut meines Wissens nur noch einer, ich. Jedenfalls habe ich mir vorgenommen die 50 zigste Herrenpartie zu segeln. Noch fühle ich mich dazu in der Lage.
Wie soll der Jubileumsstörn aussehen?
Das ist wirklich die große Frage. Die Törns der letzten beiden Jahre waren nicht so recht nach meinem Geschmack. Die fünfzigste Ausgabe sollte schon mal wieder etwas besonderes sein. Am besten Langstrecke. Meine heimliche Liebe, den Törn von 2022 mit dem „Preußischer Adler“ Dänemark zu umrunden, traf bei Karsten und Falk nicht auf Gegenliebe. Langstrecke ja, aber wahrscheinlich mehr Interessenten als der Adler fassen kann. Vorschlag der Beiden vom Ausgangshafen Heiligendamm nach Norden in die Schären der schwedischen Westküste. Schären hatten wir ja noch nicht. Dafür braucht es größere Schiffe. Dort liegen zwei größere Bavarias. Aber der gute Till als einer der Skipper konnte in der anvisierten Woche nicht und in der folgenden Woche stand die zweite Bavaria für längere Zeit nicht mehr zur Verfügung. So war guter Rat teuer, aber Abhilfe gab es. Bei Mola in Hohe Düne fanden sich drei ausreichend große Boote.
Nach einigen Diskussionen steht die erste Version des Jubileumstörns fest. Von Hohe Düne am Sonnabend, den 21.06.2025 in zwei Tagen nach Marstrand an der schwedischen Westküste, dann durch die Schären in (zwei?) Etappen südwärts nach Valberg und von da aus Nonstop wieder nach Hause. Genaueres werden wir nach dem Studium der Detailkarten der Schwedischen Westküste im nächsten Jahr festlegen. So der Plan. Mal sehen was daraus wird. Die Schiffe haben wir schon mal gechartert und die Besatzungen sollten auch vollzählig sein.
Schreck im März
Am 13. März, man beachte die Zahl, sie soll im Volksglauben Unglück bringen, hatte Till in seinem Mailbriefkasten von Mola die Nachricht, dass unsere gebuchte Bavaria 55 wegen schwerer Beschädigungen für unseren Törn nicht zur Verfügung steht. Man bot uns als Ersatz eine neue Hanse 460 mit 10 Kojen in 5 Kabinen an. Mist!!!
Unsere Bavaria 55 ist gute 2 m länger als die Hanse und so geschnitten, dass der Smutje auch bei Lage sicher vor seinem Herd steht. Er kann sich zwischen Herd und Ablage einklemmen und ohne sich festzuhalten arbeiten. Dann gibt es auf dem Schiff einen richtig großen Kühlschrank mit Gefrierschrank. Die Mannschaft kann sich auch bei schlechten Wetter sicher durch das Schiff bewegen. Für den Navigator gibt es einen eigenen, abgetrennten Arbeitsplatz. An dem kann er seine Gerätschaften aufbauen und auch stehen lassen!!!! Und es ist genügend Platz für ausgebreitete Seekarten. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil, wenn Nachts die Wache unter Deck kommt und sich einen kurzen Überblick in einem viel befahrenen Revier schaffen will. Beides haben wir bei diesem Törn. Ein viel befahrenes Revier und Segeln über Nacht. Das machen die Wenigsten!!
Und was haben wir jetzt? Eine schwimmende Gartenlaube. Die sieht schick aus. Aber das wars schon. Hinter dem Arbeitsplatz des Smutje ist eine große Leere. Wo soll der Arme sich verankern, wenn das Schiff Lage schiebt und er vor dem Herd arbeiten muss. Und das ist bei unserem Törn sehr wahrscheinlich. Für den Navigator gibt es gar keinen richtigen Arbeitsplatz. Oder seht ihr auf dem Grundriß einen? Seekarten auf Papier nutzt der moderne Mensch, meint man, nicht mehr. Es gibt ja den Kartenplotter. Für den schnellen Überblick ist aber die Seekarte auf Papier das Nonplusultra. Setzen kann sich der Navigator auch nicht. Wenn ich die dem Boot angefügten Fotos richtig deute, dann nutzt der Navigator einen kleinen Teil der Küchenzeile. :-)
Und das sichere Bewegen bei Seegang ist auf modernen Schiffen auch nicht mehr vorgesehen. Der Weg duch das Schiff ist winklich, an der Decke fehlen die Griffe.
Die Kühlmöglichkeiten für die Lebensmittel, die ich auf den Fotos sehe, sind für 10 Mann Besatzung und eine Woche auf See auf der Hanse grenzwertig.
Wer schreibt bloß das Lastenheft für solche Schiffe? Vollblutseger ist der bestimmt nicht.
Wir haben das Schiff genommen, blutenden Herzens, es bleibt uns ja nichts weiter übrig.
Machen wir das Beste draus.
Noch fünf Wochen
In fünf Wochen geht es los. Ich bin schon eifrig beim Einkaufen. Den Gebrüdern Strobach habe ich die Arbeitsunterlagen zukommen lassen, nämlich Seekarten, Sverige SE 5.2 - Svenska Västkusten Södra, und ich hoffe, dass sie nicht nur Bier trinkend an den Karten sitzen und für die Schären um Göteborg einen interessanten Weg von Marstrand südwärts zusammen stellen.
Ich bin ja neu auf diesem Schiff und bringe auch noch einen Neuen mit. Die Segler kenne ich vom Sehen bestimmt, aber so richtig kenne ich eigentlich nur Karsten und den Andreas, das ist der, den ich mit aufs Schiff bringe.
Alle Namen meiner Mannschaft habe ich in meiner Liste. Ich bin ja nicht nur für die Verpflegung zuständig sondern ich verwalte auch das Geld. Also gehören zu der Mannschaft:
Till Seidler, der Skipper, der für mich vor Augen so undeutlich ist wie sein nebenstehendes Bild aus dem Whatsapp Account.
Karsten Strobach, der "Admiral", der die Tradiotion der Herrenpartien in Radebeul über die Jahre weitergeführt hat und dem es so zu verdanken ist, dass es die Fünfzigste gibt.
Zweimal Andreas, Unsinn und Wald. Sowas hatten wir schon mal. Mal sehen wie wir damit zurecht kommen. Sebatian Schee, der 2020 mit zur Crew des "Preußischen Adlers" gehörte, Christoph Schöne, Björn Mai, Micha Judo und meine Wenigkeit.
Gesichter wird es hier mit dem obligatorischem Gruppenfoto geben.
Zu Essen wird es auch was geben. Ich verzichte mal auf die Vorstellung mit Bildern. Traditionell gibt es am Anreistag zum Abensessen Suppe, Soljanka natürlich. Die muss ich nur warm machen.
Sonntag wird es Braten geben. Wahrscheinlich ein Kalbbsrücken und, wenn es das Wetter will, mit Pfifferlingen.
Weiter geht es mit Huftsteak. Am Dienstag entsteht aus den Resten der Steakhüfte dann richtiges Chili con carne.
Es gibt Szegendiner Gulasch, dann Ragú alla Bolognese. Aber nicht die die schnelle Variante aus Rinderhack sondern aus richtig gehackten Rind- und Schweinefleisch, lange geköchelt mit Wurzelgmüse, Pancetta, Tomate und Gewürzen. Und auch nicht mit Spaghetti sondern, wie es sich in Bologna gehört, mit Tagliatelle.
Fisch muss auch sein, Matjes nach Art der Hausfrau, wenn es zwischendurch nicht irgendwo für uns frischen Fisch gibt.
Das wars für heute aus der Küche.
Der Countdown läuft
Es sind noch elf Tage bis wir auslaufen und da ist ein vorsichtiger Blick in das Wetter für diese Zeit angebracht. Windy.com ist für alle, die auf den Wind angewiesen sind, die Seite der Wahl. Der vorsichtige Blick verheißt nicht unbeding was Gutes. Windy lässt eine Vorasusschau über 14 Tage zu. Am Sonntag sah es, auf gut Deutsch gesagt, bescheuert aus. Der Wind war mit ca. 12 Knoten aus Nord angesagt, die heutige Ansage sagt West, dann auf Nord drehend und in der Nacht des Sontags abflauend und wieder zurück auf West drehend. Hoffen wir mal, dass sich dieses Wetter zu unseren Gunsten etwas nach hinten, also auf den Montag verschiebt. Wenn es so bleibt wie im Moment angesagt müssen wir uns ein neues Ziel für die Fünfzigste einfallen lassen. Denn mit Wind auf der Nase ist Marstrand und Retour nicht zu schaffen.
Noch drei Tage
Heute ist Mittwoch, der 18. Juni. In drei Tagen geht es los. Für unser Boot steht fest was wir im Jubileumstörn machen werden.
Wir werden die Langstrecke segeln. Was die zwei anderen Boote veranstalten steht noch nicht so richtig fest. Wahrscheinlich wird sich uns Niemand anschließen.
Das hier ist der Plan :-) Und das Wetter wird mitspielen :-)
Die erste Strecke über ca. 230 nm wird uns vom Jachthafen Hohe Düne in Warnemünde nach Marstrand bringen. Bei einem Start am Samstag Nachmittag sollten wir am Montag in den Morgenstunden Marstrand erreichen.
Von da aus geht es wieder südwärst. Wohin steht noch nicht so richtig fest. Wir haben auf dem langen Schlag nach Norden ausreichend Gelegenheit uns die weiteren Häfen auf dem Weg zum zweiten Eckpunkt des Törns auszusuchen. Der zweite Eckpunkt, und damit der letzte Hafen in Schweden, wird Varberg sein.Von Marstrand nach Varberg sind hier keine angelaufenen Häfen eingetragen. Die Entfernung beträgt etwa 60 nm, also wenig Weg für die zur Verfügung stehende Zeit.
Von da aus geht es am Donnerstag spätestens zur Mittagszeit wieder zurück nach Warnemünde. Ankunft zur Abendzeit, Strecke ca. 190 nm.
Alles in allem wird der Törn ca. 500 nm lang werden. Eine schöne Zahl die zur 50zigsten Herrenpartie passt.
Donnerstag 19.Juni